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Vortrag von Prof. Dr. Zager in der Friedrichskirche

Die Gedenkfeiern der Reichstagsjubiläen in Worms

Das Reichstagsjubliäum 2021 in Worms geht langsam zu Ende. Noch ist es zu früh, ein Resümee zu ziehen. Deshalb warf Prof. Dr. Werner Zager in seinem Vortrag zu ehemaligen Gedenkfeiern auch nur einen kurzen Blick in die Gegenwart und beschäftigte sich in erster Linie mit den Jubiläen der Jahre 1821, 1921 und 1971.

Rudolf UhrigWormser ReformationsdenkmalWormser Reformationsdenkmal

Zager legte Wert darauf, in seine mit vielen Zitaten angereicherten Betrachtung die jeweiligen politischen Verhältnisse einzubeziehen, weil sie einen großen Einfluss auf die Luther-Rezeption hatten.

Die Feier von 1821 folgte einer Zeit turbulenter Wandlungen. Vorausgegangen waren die Französische Revolution, die napoleonischen Kriege und die Neuaufteilung des Reiches, bei der Worms 1816 dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt zugeschlagen wurde. Was die evangelische Kirche betrifft, so stand die Union von lutherischer und reformierter Kirche kurz bevor. Vor diesem Hintergrund lassen sich die Festpredigten der beiden Pfarrer der Dreifaltigkeitskirche, Friedrich Alexander Graf und Johann Georg Zimmer, besser verstehen. Graf, Mitbegründer der der Rheinischen Bibelgesellschaft zu Worms 1816, stilisierte Luther als Glaubensheld, der der Menschheit das kostbare Gut der Glaubensfreiheit geschenkt habe. Sein Wirken empfand er als Teil des göttlichen Heilsplans. Die Bibelübersetzung rühmte er als kostbarsten Haus- und Kirchenschatz. Zimmer legte in seiner Predigt den Akzent auf das Gewissensbekenntnis Luthers, das auf der Schrift und der von Gott erleuchteten Vernunft basiere. Seine freiheitliche Überzeugung komme der ganzen Menschheit zugute.

1921 war die politische Lage nicht einfacher als 100 Jahre zuvor. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte die Evangelische Kirche ihr Oberhaupt, den Kaiser, verloren, die Reichstagsstadt Worms war von französischen Truppen besetzt, Faktoren, die die Durchführung der dreitägigen Festlichkeiten mit Gottesdiensten, Veranstaltungen am Luther-Denkmal und der Aufführung des Luther-Oratoriums von Ludwig Meinardus zunächst in Frage stellten. Doch dann übertrafen die Besucherzahlen aus dem In- und Ausland alle Erwartungen. Bei der akademischen Feier entwickelte Gustav Krüger; Ordinarius für Kirchengeschichte in Gießen, theologische Gedanken zu Luthers Gewissenbegriff mit der zentralen Aussage: „Gewissensfreiheit bedeutet Gebundenheit in Gott“. In anderen Predigten und Reden wurde Luther als Mann Gottes, als Held von Worms gepriesen, als einer, der es gewagt habe, eine tausendjährige Überlieferung anzutasten, und einen Weltbrand entzündet habe. Trotz des Verbots politischer Äußerungen fehlte es nicht an nationalistischen Tönen. „Die Reformation ist aus den Tiefen des deutschen Gewissens geboren, das Luther gleichsam verkörpert“, predigte Pfarrer Franz Bernbeck aus Worms. „An der Grenzscheide zwischen Mittelalter und Neuzeit haben sich evangelischer und deutscher Geist tiefer denn je miteinander verbunden und vermählt.“ Auch der Rütlischwur wurde bemüht: „Wir wollen sein ein einzig‘ Volk von Brüdern“ und Luther: „…Das Reich muss uns doch bleiben!“

Die Feier 1971 unterschied sich von den vorherigen Jubiläen dadurch, dass an ihrer Organisation auch das Bistum Mainz sowie städtische und staatliche Veranstalter beteiligt waren. Neben hohen Würdenträgern beider Konfessionen nahm auch Bundespräsident Gustav Heinemann an der Eröffnung teil. Die Durchführung der Feier inklusive Ausstellung lag in den Händen von Stadtarchivar Dr. Fritz Reuter, dessen von ihm herausgegebener Jubiläumskatalog noch heute ein Standardwerk ist. Man wollte damals „kein Luther-Festival“, sondern eine Auseinandersetzung mit Ursachen und Folgen der Reformation und rang um Impulse für aktuelle Problemlösungen. Unter anderem war die Annäherung der beiden Kirche ein Thema, wobei aber immer wieder auch die Unterschiede zur Sprache kamen. Dass aus Rom keine Reaktion auf das Wormser Memorandum kam, in dem einige Bürger, an der Spitze Professor Richard Wisser, den Papst gebeten hatten, den Bann gegen Luther aufzuheben, enttäuschte damals viele Gläubige. Neu in diesem Kontext war der Gedanke von Oberbürgermeister Günther Kuhfuß, sich auch für andere Religionen zu öffnen. Heute hat sich das in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) in Worms und Umgebung verwirklicht.

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