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Kunst trotz(t) Ausgrenzung eröffnet

Hinschauen, erkennen, handeln

Daniel PenschuckStaatsminister Prof. Dr. Konrad Wolf spricht ein Grußwort der LandesregierungStaatsminister Prof. Dr. Konrad Wolf spricht ein Grußwort der Landesregierung

„Schaut hin!“, wandte sich Ulrike Scherf, Stellvertretende Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), an die Besucher des Gottesdienstes anlässlich der Vernissage von ‚Kunst trotz(t) Ausgrenzung‘.

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Bernhard Kukatzki (Direktor der Landeszentrale für politische Bildung) begrüßt zur Vernissage Uwe Bader (Leiter der NS-Gedenkstätte KZ Osthofen) begrüßt Horst Rettig (atelierblau) Ausstellung 'Kunst trotz(t) Ausgrenzung' in Osthofen 'Die Ausgebürgerten' von Esra Rotthoff


Die Wanderausstellung der Diakonie Deutschland richtet sich gegen die Ausgrenzung von Minderheiten und wurde am 27. Oktober mit einem zentralen Gottesdienst in der Wormser Dreifaltigkeitskirche sowie einem daran anschließenden Empfang in der NS-Gedenkstätte KZ Osthofen eröffnet.

Stellvertretende Kirchenpräsidentin predigt im Eröffnungsgottesdienst in Worms

„Diese Menschen beeindrucken mich.“ In ihrer Predigt nahm Scherf Bezug auf ‚Die Ausgebürgerten‘ von Esra Rotthoff, die im Rahmen der Ausstellung in der Dreifaltigkeitskirche zu sehen sind. Die Porträts der neun Menschen, denen ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft entzogen wurde und die heute alle in Berlin leben, fordern die Aufmerksamkeit des Betrachters; nicht zuletzt durch die Sätze, die ihnen im wahrsten Sinne des Wortes ins Gesicht geschrieben sind. „Ich bin mehr, als du auf den ersten Blick erkennen kannst“, legt Scherf die Botschaft des Künstlers aus. Oft würden Menschen nicht als Individuen gesehen, sondern als Migranten, Geflüchtete oder Fremde stereotyp betrachtet. Ein unvoreingenommener Blick dagegen würde uns ermöglichen, unser Gegenüber wirklich zu sehen, so die Pfarrerin. „Es ist ein Grundbedürfnis aller Menschen, dass sich jemand für uns interessiert“, führte Scherf weiter aus. Die Ausstellung werde diesem Wunsch gerecht, denn das Gezeigte wird buchstäblich ‚angesehen‘ – ein Zeichen von Respekt, so die Stellvertretende Kirchenpräsidentin. Anlässlich der jüngsten Geschehnisse schloss Scherf mit einem Appell an die Gottesdienstbesucher, keine Form des Antisemitismus‘ zu dulden und dagegen einzuschreiten.

Zweiter Teil der Vernissage in Osthofen. Grußwort der Landesregierung durch Staatsminister Prof. Dr. Wolf

Bernhard Kukatzki, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, begrüßte zum zweiten Teil der Ausstellungseröffnung in der NS-Gedenkstätte KZ Osthofen und betonte die Notwendigkeit von gesellschaftlicher Sensibilität und politischem Engagement, indem er die jüngste Regierungserklärung von Malu Dreyer, Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz und Schirmherrin der Ausstellung, zitierte: „Wir werden unser konsequentes Eintreten gegen Hass und Hetze weiter ausbauen!“

In einem Grußwort der Landesregierung wandte sich der Staatsminister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, Prof. Dr. Konrad Wolf, an die Gäste in Osthofen: „Es gibt viele Formen der Ausgrenzung und Beweggründe unterschiedlicher Art, doch allen Ausgegrenzten ist eines gemeinsam: In bestimmten Merkmalen unterscheiden sie sich von der Mehrheitsgesellschaft.“ Wolf erinnerte daran, dass die politische Ideologie der Nationalsozialisten vor allem auf der Ausgrenzung von Minderheiten beruhte. Auch nach 1945 blieben viele Opfergruppen ausgegrenzt, beispielhaft nannte der Minister Sinti und Roma oder Homosexuelle. Die Vermittlungsarbeit zwischen historischer Aufarbeitung und aktueller Bedrohung sei eine wichtige Aufgabe der Gedenkstätten. Die „beeindruckende Ausstellung“ fordere den Besucher auf, den Blick zu verändern und helfe damit, die Ausgrenzungsmechanismen zu erkennen – eine wichtige Voraussetzung, um ihnen entgegentreten zu können.

Schweigen ist politisches Handeln. Diakonie und Kunst aktiv gegen Fremdenfeindlichkeit

Elke Beyer von der Diakonie Deutschland bekräftigte diesen Gedanken: „Zunächst müssen wir erkennen, was rechtsextrem ist, erst dann können wir eine Haltung dazu entwickeln.“ Für den sogenannten neutralen Standpunkt fand die Referentin aus Berlin deutliche Worte: „Zu schweigen ist nicht neutral, sondern hochpolitisch!“

Andreas Pitz, Kurator der Wanderausstellung, wies schließlich darauf hin, dass sich bereits vor 25 Jahren Künstler wie Tomi Ungerer, Günter Grass oder Wolfgang Niedecken mit Fremdenfeindlichkeit auseinandergesetzt haben – auch ihre Werke sind im Rahmen der Wanderausstellung in Osthofen zu sehen. Zahlreiche Künstler waren zur Vernissage gekommen und standen während des abschließenden Gangs durch die Ausstellung zum Gespräch bereit, darunter Madeleine Dietz, Klaus G. Kohn, Sybille Loew, Helmut Mair, Herr Penschuck sowie Georg Friedrich Wolf.

Über die Ausstellung:
Die Wanderausstellung „Kunst trotz(t) Ausgrenzung“ erteilt eine künstlerische Absage an Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus, an Ideologien von angeblicher Ungleichheit und Ungleichwertigkeit von Menschen. An dem Projekt der Diakonie Deutschland beteiligen sich Künstlerinnen und Künstler unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft. Gemeinsam fordern sie den Betrachter dazu heraus, sich mit der Gestaltung einer offenen, vielfältigen und inklusiven Gesellschaft auseinanderzusetzen. Die Ausstellung wurde erstmals in der documenta-Halle in Kassel gezeigt, weitere Stationen waren Braunschweig, Stuttgart, Hannover und Berlin. Auch beim Kirchentag in Dortmund waren ausgewählte Exponate zu sehen. Bis zum 15. Dezember ist die Ausstellung nun in der NS-Gedenkstätte KZ Osthofen und einigen Wormser Kirchen zu sehen.

Veranstalter der Ausstellung in Worms und Osthofen sind die Diakonie Hessen, das Evangelische Dekanat Worms-Wonnegau, das Katholische Dekanat Worms, die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz, die Gedenkstätte KZ Osthofen/NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz, der Förderverein Projekt Osthofen e.V. sowie der Helferkreis Asyl Worms e.V., daneben zeichnen zahlreiche Partner aus Kirche, Diakonie und Politik für das umfangreiche Begleitprogramm verantwortlich. Das Projekt wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur gefördert.

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