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Ausstellung „Multireligiosität und Multikonfessionalität"

Im Glauben vereint oder entzweit?

Marta ThorGesprächsrunde in der Wormser DreifaltigkeitskircheDr. Ulrich Oelschläger, Dr. Erika Mohri, Fuat Demir, Volker Gallé und Andreas Kohrn

Wie ist es um die verschiedenen Religionen in Worms und Rheinland-Pfalz bestellt? Wie steht es um die Zusammenarbeit der Konfessionen? Und gibt eine Wahrheit, die für alle Glaubensrichtungen steht?

Grundliegende Fragen kamen bei der öffentlichen Gesprächsrunde zur Ausstellung „Multireligiosität und Multikonfessionalität in Worms und Rheinland-Pfalz“ am 19. September in der evangelischen Dreifaltigkeitskirche in Worms zur Sprache. Und selbst nach einer intensiven philosophisch-theologischen Betrachtung kamen die Beteiligten am Ende nicht in allen Punkten auf einen Nenner. Aber das müssen sie auch nicht, beruhigte Volker Gallé, der Kulturkoordinator der Stadt Worms und Moderator der Runde.

Unterschiedliche geschichtliche und religiöse Vorstellungen finden nicht nur auf den rund 20 Schautafeln in der Dreifaltigkeitskirche zueinander. Fünf Vertreter und Autoren Wormser Gemeinden und Projekte kamen zu Wort. Dr. Ulrich Oelschläger spannte den historischen Bogen zum multireligiösen und multikonfessionellen Worms, das seinen Anfang als „Stadt der Religionen“ bereits im 11. Jahrhundert durch die Gründung der Synagoge nahm. In seinem Exkurs erläuterte der Theologe fachkundig, weshalb die Lutherische Konfession die vorherrschende ist in Worms, wieso manche Dörfer bis heute katholisch geblieben sind und wie es die unterschiedlichen Konfessionen, Katholiken, Protestanten, Mennoniten, Täufer und Juden, bis heute geschafft haben, in Gemeinschaft zu leben. Andreas Kohrn, Pastor der Ibersheimer Mennonitengemeinde, stellte die Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Worms und Umgebung vor. Schon die Recherche war eine Herausforderung: „Die Rückmeldungen aus den Wormser Gemeinden führten zu ganz anderen Schwerpunkten, als ursprünglich gedacht.“ Den Passus zur Kirchensteuer habe er sich nicht verkneifen können: „Praktische Gemeindearbeit braucht eine Finanzierung. Global betrachtet ist der freiwillige Beitrag die Norm, nicht die Kirchensteuer.“

Die Arbeit des Interkulturellen Runden Tischs in Worms habe bereits am 1. Mai 2001 begonnen, betonte Dr. Erika Mohri, Pfarrerin im Evangelischen Dekanat Worms-Wonnegau mit der Profilstelle Ökumene: „Unser gemeinsames Gebet fand schon vor dem 11. September statt.“ Ohne Terror. Ohne Druck. Das Konzept hinter dem Runden Tisch entstand aus dem Willen heraus, nicht nur in einer Straße zu leben und zu arbeiten, sondern sich auch zu einem gemeinsamen Gebet zusammenzufinden. Einem Gebet der Religionen, keinem interreligiösen Gebet, stellte Mohri die Begrifflichkeit heraus. Als Vertreter der Syrisch-orthodoxen Kirchengemeinde in Worms trat Fuat Demir vors Rednerpult. Seine Kirche sei derzeit an ihrem Ursprung, dem Nahen Osten, bedroht durch Genozide und Vertreibung. In Worms haben Anfang der 60er Jahre viele Flüchtlinge und Migranten ein neues Zuhause gefunden – in ihrem Glauben und auch gesellschaftlich, geprägt durch Bildung und Kulturerhaltung. „Wir dürfen die Wurzeln des Christentums nicht vergessen. Wir müssen sie pflegen“, sagte Demir.

Burkhard Ali Magin sprach als Konvertit und Vertreter des Islamischen Kulturvereins und der Al-Arkam-Moschee. „Was uns verbindet ist viel mehr, als das, was uns trennt“, sagte Magin. Und doch habe er, einst ein gläubiger Christ und Messdiener, erst im muslimischen Glauben die Nähe zu Gott gefunden, die er suchte. Für ihn seien alle Gläubigen Geschwister im Glauben an einen Gott. Diese Aussage führte zu einer regen Diskussion zu der Frage, welche Lebensentwürfe und Vorstellungen denn nun „der einen Wahrheit“ näher lägen als andere. Für eine Zuhörerin sei die Nächstenliebe die Antwort zur Akzeptanz aller Religionen. Erika Mohri sah die Frage eher philosophisch: Müsse es denn eine Wahrheit geben? Könne es nicht verschiedene Wahrheiten geben, die alle ihre Berechtigung hätten? Eine weitere Zuhörerin brachte daraufhin den systemisch-konstruktivistischen Ansatz ins Spiel: „Es ist hilfreich für den Dialog, zu erkennen, dass andere Menschen anders denken können. Dann kann man den anderen Ansatz akzeptieren und schätzen.“ Moderator Volker Gallé beschloss die Diskussionsrunde schließlich mit einer jüdischen Geschichte und dem Fazit: In seinem subjektiven Weltbild habe jeder einzelne Recht.

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