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Jubiläum

Kirchenjubiläum: „75 Jahre EKHN. Erzähl mir mehr!“ - mit Video

Bildquelle: EKHN, MDHSJubiläumAm 30. September 2022 wird die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) 75 Jahre alt

In diesem Jahr feiert die EKHN ihr 75-jähriges Jubiläum, denn sie wurde am 30. September 1947 in Friedberg gegründet. Während der Synodentagung wurde das Festjahr in Frankfurt eröffnet. Höhepunkte werden eine Festveranstaltung, eine Wanderausstellung und Erzähl-Cafés sein.

Bildquelle: Lutz NeumeierDr. Ulrich OelschlägerDr. Ulrich Oelschläger, der frührere Präses der Synode, hielt während der Feierstunde einen Vortrag

Mit einer Feierstunde hat die Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) am Freitag das Festprogramm zum 75. Jubiläum der EKHN eröffnet. Die EKHN wurde mitten in den Wirren der Nachkriegszeit am 30. September 1947 in Friedberg gegründet. Sie entstand dabei durch die Fusion der drei evangelischen Landeskirchen in Nassau, Frankfurt und Hessen-Darmstadt. Höhepunkt der Aktivitäten zum Jubiläum ist deshalb ein Fest am 1. Oktober in Friedberg. 

 

Vergangenheit und Zukunft ins Gespräch bringen 

Vor dem Hintergrund der aktuellen weltpolitischen Lage gilt das Jubiläum als eine Chance, über Ver-gangenheit, Gegenwart und Zukunft der Kirche ins Gespräch zu kommen. Deshalb steht das Jubiläum unter dem Motto „75 Jahre EKHN. Erzähl mir mehr!“. Dazu sind Aktionen wie Erzähl-Cafés auf regionaler Ebene geplant. Eine Wanderausstellung steht dafür zur Verfügung. Eine neue Internetseite informiert über das Jubiläum: www.ekhn.de/75Jahre.

 

Kirche ohne Demokratie geht gar nicht

In seinem Vortrag während der Feierstunde betonte der frühere Präses der Kirchensynode Ulrich Oelschläger die demokratische Verfassung der evangelischen Kirche. Sie arbeite „nach den Spielregeln des Parlamentarismus“. Die Synode stelle als maßgebendes Organ der geistlichen und rechtlichen Leitung die Legislative dar, die Kirchenleitung sei die Exekutive und das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht eine unabhängige Jurisdiktion. Oelschläger betonte: „Kirche in der Demokratie ohne Demokratie in der Kirche, das geht gar nicht! 

 

Vom Widerstand gegen die Nazis geprägt

Die Leiterin des Zentralarchivs der EKHN Ute Dieckhoff stellte in ihrem historischen Überblick heraus, wie die EKHN vom Widerstand gegen den Nationalsozialismus geprägt wurde. Die neue, 1949 verab-schiedete Ordnung der EKHN zielte darauf, Macht von der lokalen über die regionale bis hin zur Kir-chensynode demokratisch zu legitimieren. Sie sollte nur kollegial und nur auf Zeit ausgeübt werden, also auf möglichst viele Gremien und Personen verteilt sein. Deshalb würden „alle leitenden Ämter durch Synodalwahl auf Zeit besetzt“. So sei auch das Bischofsamt einem Gremium mit dem Kirchen-präsidenten an der Spitze übertragen worden. Dieckhoff wies zudem darauf hin, dass es der EKHN gelungen sei, ganz unterschiedliche regionale, kulturelle und konfessionelle Unterschiede zu integrie-ren. Dieckhoff bilanzierte: „Der Blick in die Vergangenheit zeigt: Geprägt ist die EKHN durch die Be-kenntnisvielfalt, durch den Aufbau von den Kirchengemeinden her, durch die verantwortliche Beteili-gung der nicht-ordinierten Gemeindeglieder an der Leitung, durch das bewusst gemeinsam ausgefüll-te Bischofsamt – und nicht zuletzt durch den Mut für Neues. Gerade das letztgenannte lässt für die Zukunft hoffen.“

 

Kirchenpräsident Jung: Aktive und innovative Kirche im Umbruch

Auch Kirchenpräsident Volker Jung ging in seinem Bericht zur Lage auf das Jubiläum ein: „Dieses Jubi-läum so richtig zu feiern fällt schwer. Zu viel lastet auf uns: der entsetzliche Krieg in der Ukraine, immer noch die Corona-Pandemie und auch eine große Verunsicherung, was die Zukunft bringen wird. Wir sind in einer gesellschaftlichen Transformation – durch die neu gewonnenen Möglichkeiten der digita-len Technologie, durch die riesigen Herausforderungen des Klimawandels und weltweiter sozialer Un-gerechtigkeit. Jetzt kommt noch hinzu, dass die Sicherheitsordnung in Europa, die wir für stabil hielten, zerstört ist.“ Nach Jungs Worten war die 1947 gegründete EKHN in ihrer Historie „geistliche Heimat für viele Menschen und sie ist es auch heute“. In der EKHN seien gesellschaftliche Veränderungen immer sehr aufmerksam wahrgenommen worden. Damit habe sie immer zugleich gefragt, „wie Kirche sich verändern muss“. Oft seien von Hessen-Nassau innovative Impulse in den gesamten deutschsprachi-gen Raum des Protestantismus ausgegangen. Dazu gehörten in den 1970er Jahren neue Gottesdienst-formen und neue geistliche Musik. Die EKHN habe interkulturelle Herausforderungen der Gesellschaft früh aufgegriffen und mitgestaltet. Sie sei zudem innovativ in der Weiterentwicklung der Seelsorge und in der Beratungsarbeit gewesen. Ein besonderes Markenzeichen sei auch der bundesweit einzig-artige Jugendkirchentag. Dies mache exemplarisch deutlich, „wie vielfältig in der EKHN der Auftrag des Evangeliums gelebt wurde und wird, für Menschen in unterschiedlichen Situationen des Lebens da zu sein.“

 

Hintergrund

Die EKHN fußt auf einem Konstrukt, das unter nationalsozialistischem Druck entstand: die Evangelische Landeskirche Nassau-Hessen (1933-1945). Diese zerfiel nach Kriegsende wieder in ihre drei Bestand-teile Nassau, Frankfurt und Hessen-Darmstadt. Vertreter*innen dieser drei Ursprungskirchen bildeten am 30. September 1947 in der Burgkirche in Friedberg die Gründungssynode, die den Willen bekräftig-te, unter neuem Namen und mit einer neuen Verfassung die Kirchen erneut zu vereinen. Die Synode wählte am 1. Oktober 1947 Martin Niemöller zum ersten Kirchenpräsidenten, bestimmte die Mitglie-der der ersten Kirchenleitung und setzte eine Kommission ein, die bis 1949 eine neue Kirchenordnung ausarbeitete. Die Ausgangslage war dramatisch. 1947 lag Deutschland am Boden – auch die evangeli-sche Kirche. Bei ihrem Neuaufbau waren Menschen mit sehr unterschiedlichen Perspektiven zu integ-rieren: Nazi-Opfer und immer noch überzeugte Nazi-Täter*innen, Mitglieder der Bekennenden Kirche und der Deutschen Christen, reumütige Ex-Nazis, Mitläufer*innen, traumatisierte Kriegsopfer sowie Flüchtlinge und Vertriebene. Genug Gründe, um sich unversöhnlich gegenüberzustehen. Doch aus der gesellschaftlichen Zerrissenheit entstand Gemeinschaft. Wo Meinungen auseinanderfielen, einte der gemeinsame Glaube. Die EKHN entstand aus Ruinen, im Glauben an die Kraft der Veränderung und des Neuanfangs.

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