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Gebet der Religionen seit 20 Jahren in Worms

Aus gegenseitigem Respekt

Christine DirigoSeit 20 Jahren: Maigebet auf dem Wormser Marktplatz mit Pfarrerin Dr. Erika MohriSeit 20 Jahren: Maigebet auf dem Wormser Marktplatz mit Pfarrerin Dr. Erika Mohri (rechts)

In den zurückliegenden Jahren fanden sich in Worms vor der Kundgebung des DGB am 1. Mai oft 50 bis 70 Menschen zum Gebet der Religionen zusammen. Am letzten Samstag waren es nun nicht ganz so viele, was sicher Corona geschuldet war, dennoch waren nahezu alle Religionsgemeinschaften vertreten: Denn das gemeinsame Gebet ist mehr als eine liebgewordene Institution, es ist ein Zeichen der Verbundenheit und des gegenseitigen Respekts und trägt durch die Zeiten.

In diesem Jahr der vielen Einschränkungen und Entbehrungen feierte das Maigebet 20-jähriges Jubiläum. Pfarrerin Dr. Erika Mohri, Mitinitiatorin und unermüdliche Leiterin, warf deshalb einen Blick zurück. Die Idee zu diesem Gebet über die Religionsgrenzen hinweg sei seinerzeit aus dem Forum Soziale Gerechtigkeit gekommen mit der Begründung: „Wir arbeiten zusammen, wir leben in derselben Stadt, und wir haben gemeinsame Ziele“. Der Start 2001 sei ziemlich aufregend gewesen, erinnerte sie sich. „Es war dann eine tolle Erfahrung, und wir waren uns einig, dass wir das wiederholen wollen.“ Die Terroranschläge 9/11 in den USA bedrückten die Muslime, die Gewalt ablehnen, ebenso wie die Christen und führten zu einer Erweiterung des Motivs. Beim nächsten Gebet habe man sich nun auch getroffen mit dem Ziel, sich gemeinsam zu zeigen, um Vorurteile zu überwinden.

Im Heimatjahrbuch 2011 nannte Mohri, Ökumenebeauftragte des Dekanats Worms-Wonnegau, die Grundsätze, die damals für das gemeinsame Gebet erarbeitet wurden: „Wir treffen uns unter freiem Himmel, denn hier ist Platz für alle. Niemand braucht Schwellenangst zu haben. Wir stehen im Kreis. Alle stehen auf einer Ebene, alle in der ersten Reihe, nebeneinander.“

Der Titel „Gebet der Religionen“ wurde 2005 eingeführt, um das Missverständnis ausschließen, es gehe um Vereinigung oder Vermischung zu einer gemeinsamen Religion. „Es handelt sich um eine gemeinsame Veranstaltung von Verschiedenen, die nebeneinander ihren jeweils eigenen Charakter behalten“, betonte die Pfarrerin im Heimatjahrbuch. Dazu gehöre für sie auch, dass Migrantinnen und Migranten ihre Religion in angemessener Weise leben können. „Christsein in einer multireligiösen und auch säkularen Umwelt heißt für mich, den anderen ihren Platz neben mir zu geben und zu lassen. Darin liegt der Respekt voreinander.“

Soziale Probleme und Themen der Integration spielten in all den Jahren immer eine Rolle. Meist schloss man sich dem Motto der Maikundgebung an, das in diesem Jahr lautete: „Solidarität ist Zukunft“. Dass Solidarität gerade in Coronazeiten sehr wichtig ist, zeigten die verschiedenen Redebeiträge und Gebete. Aydın Geçgel, Geschäftsführer der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüs (IGMG), erläuterte, was Fasten im Monat Ramadan mit Solidarität zu tun hat. „Unsere Religion verlangt, dass wir während des Fastenmonats nicht nur an Hungernde denken, sondern uns auch in sie hineinversetzen, mit ihnen fühlen“. Darüber hinaus sei jeder Muslim zur Zakāt, einer Abgabe von 2,5 Prozent seines Einkommens an die Armen, verpflichtet.

Hodscha Enver, der neue Geistliche der Veysel Karani Moschee (DITIB), sang die Sure, die von Hiobs (Ijob) Geduld und Gläubigkeit im größten Leid erzählt. Kemal Esmer, Dede der alevitischen Gemeinde, beschrieb Solidarität als Zusammenstehen, als Hilfe und Eintreten füreinander, ohne Gegenleistung zu erwarten.

Dompropst Tobias Schäfer wandte sich mit dem Gebet „Führen und Leiten“ von Hanns-Dieter Hüsch gegen das „ewige Geschimpfe und Gemeckere“. Bei Hüsch heißt es: „Wir müssen endlich damit anfangen, das Zaghafte und Unterwürfige abzuschütteln, denn wir sind Kinder Gottes.“ Mit den Seligpreisungen Jesu erinnerte schließlich Erika Mohri an die Menschen, die in dieser Zeit für Alte, Kranke und Schwache da sind.

Dekanin Jutta Herbert bedankte sich bei Erika Mohri für die Beharrlichkeit und den Langmut, die sie seit 20 Jahren als Leiterin des Gebets der Religionen aufbringe. Diese gab das Lob an die Gruppe weiter, denn „Solche Sachen kann man nicht alleine machen“.

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