Christliche Gläubige werden zurzeit in China, Indien, Nordkorea, dem Iran und einigen anderen Ländern massiv verfolgt und unterdrückt. Zwei britische Studien haben gezeigt, das Christ:innen die am meisten verfolgte Gruppe weltweit sind. Deshalb werden am zweiten Sonntag in der Passionszeit die Leidenserfahrungen verfolgter Christ:innen ins Bewusstsein gerufen. Dieser Sonntag am 5. März 2023 wird als „Reminiszere“ bezeichnet, was auf Latein „gedenke“!“ bedeutet und sich auf den biblischen Psalms 25 bezieht: „Gedenke (lateinisch: Reminiscere), Herr, an deine Barmherzigkeit.“
Äthiopien - dramatische Situation in einem der ältesten christlichen Lander
Christ:innen werden meist von Angehörigen einer anderen Religion oder Weltanschauung bedroht, vor allem wenn diese von der jeweiligen Regierung unterstützt wird. Aber es gibt Ausnahmen – ausgerechnet in einem der ältesten christlichen Länder: In Äthiopien sind die Verfolgenden selbst Christ:innen. Dabei werden die Beziehungen zwischen christlichen Kirchen in Äthiopien zwar nicht als spannungsfrei beschrieben, jedoch wird das Miteinander dennoch als grundsätzlich respektvoll bezeichnet.
Eine der Hauptursachen für die jüngsten kriegerischen Entwicklungen in mehreren Regionalstaaten liegt darin, dass sich traditionell selbstständige Regionen einem modernistischen Zentralstaat unterordnen sollen und sollten. Im November 2020 wurde in Äthiopien eine Militäroffensive gegen die Region Tigray angeordnet, die zuvor ihre Forderung nach Selbstbestimmung deutlich gemacht hatte. Mehrere christliche Stätten wurden in der Region angegriffen.
Menschen von Bürgerkrieg und Hunger betroffen
Um den Blick auf die Not der Menschen zu richten und um Versöhnung zu beten, steht die Situation in Äthiopien im Mittelpunkt vieler evangelischer Gottesdienste am Sonntag Reminiszere 2023. „Beten wir für sie und bitten wir mit ihnen um Rettung, um Versöhnung, um Frieden für Leib und Seele, für Menschen und Tiere, für das ganze Land“, ruft Bischöfin Petra Bosse-Huber im Vorwort des Materialheftes 2023 auf. Sie leitet die Hauptabteilung Ökumene und Auslandsarbeit der EKD. Zudem weist sie darauf hin, dass die Region von der schlimmsten Dürrekatastrophe seit Jahrzehnten betroffen sei; mehr als 18 Millionen Menschen seien nach Angaben des UNHCR von akutem Hunger bedroht. Die evangelische Hilfsaktion „Brot für die Welt“ ist vor Ort aktiv und kann mit Spenden unterstützt werden:
Fürbitte für verfolgte Christ:innen
Anlässlich der schwierigen Lage der Menschen in Äthiopien wurde ein Fürbittengebet für den Sonntag Reminiszere verfasst, hier ein Auszug:
Um Frieden und Brot bitten wir, Gott,
nicht weniger, aber auch nicht mehr muss es sein,
damit Menschen leben können über diesen Tag hinaus,
damit Kinder in die Welt hineinwachsen können,
die Alten sicher und versorgt sind,
und alle schmecken können, was Leben ist.
nicht weniger, aber auch nicht mehr muss es sein,
damit Menschen leben können über diesen Tag hinaus,
damit Kinder in die Welt hineinwachsen können,
die Alten sicher und versorgt sind,
und alle schmecken können, was Leben ist.
In Zeiten von Hass und Gewalt,
von Tyrannei und Menschenverachtung
bitten wir um Frieden und Brot in Äthiopien,
in der Ukraine, in der Welt, auch bei uns.
von Tyrannei und Menschenverachtung
bitten wir um Frieden und Brot in Äthiopien,
in der Ukraine, in der Welt, auch bei uns.
Gemeinsam rufen wir:
Kyrie eleison – Herr, erbarme dich!
Kyrie eleison – Herr, erbarme dich!
Amen!
Sabine Dreßler
Tötungen und Angriffe auf christliche Kulturschätze
In dem Heft der EKD „Äthiopien“ wird geschildert, wie während der Besetzung Tigrays durch äthiopische und eritreische Truppen 2020/2021 gezielt Christi:innen sowie religiöse Stätten angegriffen wurden. Erschießungen und Massaker wie in der heiligen Pilgerstadt Aksum am Marientag Ende November 2020 sowie Massenvergewaltigungen wurden als Waffe eingesetzt, wie zuletzt ein im September 2022 veröffentlichter UN-Report unterstrich. darunter die ältesten christlichen Stätten Afrikas wie das aus der Spätantike stammende christlich-orthodoxe Kloster Debre Dammo. Auch mehrere der seit dem Mittelalter aufgebauten christlich-orthodoxen Manuskriptsammlungen von Klöstern und Kirchen wurden von äthiopischen und eritreischen Regierungssoldaten, aber auch von den christlich-orthodox geprägten amharischen Regionaltruppen, geplündert und teilweise verbrannt.
Kraft der Spiritualität für Durchsetzung politischer Ziele brechen
„Offenkundig sollte die Widerstandskraft der Bevölkerung, die auf dem starken, vielfach spirituell begründeten Zusammenhalt der lokalen Dorfgesellschaften beruht, die sich obendrein als Erben des antiken christlichen Staates empfinden, gebrochen werden“, schlussfolgert Wolbert G.C. Smidt in dem Heft. Dabei wurden sie von Kräften angegriffen, die sich meist selbst als gläubige Christen bezeichnen. Der Autor stellt fest: „Wenn nun die christliche Identität einer konkreten Gesellschaft gezielt angegriffen wird, handelt es sich um Christenverfolgung – allerdings in einer Form, die nicht in die Erwartung passt.“ Laut Auswärtigem Amt ist die Lage in der Region Tigray und im Grenzgebiet zu den Regionen Amhara und Afar auch gegenwärtig instabil.